Brandy und Sherry von Osborne: tierisch erfolgreich
Was das Känguru für Australien ist, ist der Stier für Spanien. Das gilt nicht nur für die Tierwelt, sondern auch für edle Getränke. Während der Känguru-Wein von Casella als Marke den Australienerfolg in der Weinwelt widerspiegelt, freuen sich Genießer beim Anblick des Osborne-Stiers auf Brandy, Portwein und Sherry der Extraklasse. Das traditionsreiche Haus schafft es dabei, die gesamte Genusswelt Spaniens in die Flasche zu bringen – und zwar abseits jeglicher Anbiederung an den Massenmarkt. Doch dieser ist nicht weniger begeistert.

Wie der Osborne Stier zum Nationalgut wurde
In vielen Bereichen sind besonders große Marken die Speerspitze eines gesichtslosen Konzerns. In der Weinwelt ist das anders, denn: Auch Osborne ist bis heute fest in der Hand der gleichnamigen Familie. Aber warum eigentlich dieser eher unspanische Name? Urahne des Hauses und Firmengründer war der Engländer Thomas Osborne Mann, den es auf der Suche nach einem neuen Leben von Devonshire nach El Puerto verschlug. Bereits im späten 18. Jahrhundert legte er erste Weinberge in den heute wichtigen Regionen Rioja, Jerez, Tierra de Castilla und Ribera del Duero an. Als Dank für damals schon außergewöhnliche Tropfen wurde die Familie 1869 vom spanischen Königshaus in den Herzogstand erhoben. Nun hätten sich die frisch gebackenen Blaublüter auf diesem Adel ausruhen– oder auf ihre englischen Wurzeln besinnen können. Stattdessen schickten sie sich an, den Osborne Stier zum inoffiziellen Symbol Spaniens zu machen. Der wurde zwar erst 1956 erfunden, entwickelte aber so schnell ein Eigenleben, dass viele glauben, er sei schon immer da gewesen. Und als ob er zum spanischen Kulturgut gehöre wie Tapas und das Haus Bourbon-Anjou. Dass das nicht nur klischeebehaftete Folklore ist, bestätigte 1997 auch das spanische Verfassungsgericht: Denn dem Osborne Stier, der als 14 Meter hohe Silhouette so manchen exponierten spanischen Platz ziert, wurde der Status eines „wesensmäßigen Teils der spanischen Landschaft“ anerkannt. Eine Werbefigur als Nationalsymbol? Reife Leistung, liebe Osbornes! Zur verzweigten Grupo Osborne, die heute in sechster Generation von Tomás Conde de Osborne geführt wird, gehören verschiedenen Spirituosenmarken, spanische Fleischgenüsse und Mineralwasser. Doch der Brandy ist der eigentliche Stolz des Hauses und Grund für seinen durchschlagenden und weltweiten Erfolg.

Osborne zaubert Spirituosen im Solera-Schritt
Ursprünglich warb der Stier nur für ein einziges Produkt: den Osborne Veterano. Als populärster Spirituose des Hauses vereint der gereifte Klassiker aus El Puerto de Santa Maria in Andalusien all die Ansprüche, die Osborne an seine Produkte stellt. Als Stellvertreter für diese Ansprüche braucht es eigentlich nur ein Wort: Solera. Dieses Verfahren ist tatsächlich noch spanischer als Tapas und Bourbon-Anjou und beschreibt den einzigartigen Reifeprozess für alles Hochprozentige und besonders Aromatische aus dem Mittelmeerland. Dabei wandern die Weinerzeugnisse während ihrer Reifephase von einem Fass ins Nächste. Die fehlende Menge aus dem vorherigen Fass wird stets mit einer neuen Portion aus dem davor liegenden – oder am Anfang mit Jungwein – aufgefüllt. Durch diese Bewegung bleibt die Qualität auch über Jahre gleich und die einzelnen Brandy und Sherry kommen mit verschiedenen Fassaromen in Berührung. Dabei ist klar: Je weiter die Wanderung, desto ausgereifter das Produkt.