Formidabler Fanatiker
Frankreichs Superstar Michel Chapoutier ist ein Weinfanatiker in Großbuchstaben. Was aus seinem Familienimperium mit Weingütern an der Rhône, im Languedoc oder der Provence kommt, wird sofort zum Klassiker. Das umtriebige Idol ist dafür bekannt, auch noch die kleinste Nuance eines Terrors auszukundschaften und besonders bei der Selektion zum Erbsen – oder in diesem Fall zum Traubenzähler – zu werden. Damit wurde Michel Chapoutier zum Botschafter dieser Weingeneration und zum Maßstab für alles, was Frankreichs Weinwelt ausmacht.

Michel Chapoutier ist ein bisschen verrückt. Wie schön!
Wer Michel Chapoutier bei der Arbeit über die Schulter schauen möchte, sollte die Klappe halten können. Denn wenn er durch die Weinberge streift, Trauben untersucht und das Terroir vermisst, kann er schon einmal für Stunden schweigen – und verlangt diese Konzentration auch von seiner Begleitung. Dabei legt er manch kleine Eigenheit an den Tag, die zum Beispiel den Journalisten Jean-Charles Chapuzet dazu veranlasste, seine Biographie über den Winzer mit den Worten „Mein erster Eindruck von diesem Mann war: er ist verrückt“ zu beginnen. Eine dieser Eigenheiten ist sein fast an Zwang grenzender, kompromissloser Perfektionismus. Den zeigte er schon 1990 mit 25 Jahren, als er das seit 1808 bestehende Weingut in Tain l’Hermitage von seinem Vater übernahm. Hier an der Rhône herrschte zu jener Zeit ein gemütliches Mittelmaß beim Wein, das Michel Chapoutier einfach nicht akzeptieren konnte. Er dünnte die Weinberge aus und ließ nur Rebstöcke stehen, von denen er sich die besten und feinsten Erträge versprach. Er baute seine Weine ausschließlich parzellenweise aus und verbannte Hefe aus dem Weinkeller. Und dann verpflichtete er selbst alle Pachtweinberge dem biodynamischen Landbau. Dazu ist Michel Chapoutier ein Terroir-Trüffelschwein, der einen Wein nur dann für gut befindet, wenn im Glas fast zu schmecken ist, welche Form die Steine im Boden haben und welche Farbe das Sonnenlicht zur Zeit der Lese hatte. All diese Bemühungen zeigten schnell Erfolge. Robert Parker war völlig hin und weg von der neuen Rhône-Qualität, die das Haus Chapoutier plötzlich auf den Markt brachte. Mit Weinen aus Côtes du Rhône, Châteauneuf-du-Pape und Crozes Hermitage schuf Michel Chapoutier das Gerüst für seinen Star-Status, mit Besitzungen in der Provence oder im Languedoc baute er sie aus. Und heute? Ist der „hell erstrahlende Stern der Weinbereitungskunst am Himmel unseres Planeten“ (O-Ton Parker) Meister aller Klassen und ein Vorbild für ganz Frankreich. Vor allem auch, was die Trauben-Treue betrifft.

Wein von Michel Chapoutier bei Club of Wine: Herr der Trauben-Treue
Unter dem Begriff Mono-Cépage hat Michel Chapoutier das perfektioniert, was wir unter Sortenreinheit verstehen. Für ihn gibt es keine bessere Auszeichnung für einen Wein, als wenn er aus einer Traubensorte stammt und trotzdem unfassbar facettenreich ist. Damit bricht er bewusst mit der Assemblage-Tradition, die im Rhônetal und in der Provence schon immer gang und gäbe war. Selbst zum Beispiel der M. Chapoutier „Barbe Rac"“ als reinspritziger Châteauneuf-du-Pape (mit erlaubten 13 Rebsorten) wird beim Meister nur aus Grenache gezaubert. Doch die Weinkritik lobt ihn vor allem für seine Syrah-Kunstwerke. Einer der geschliffensten Diamanten ist der M. Chapoutier L'Érmite, eine Einzellagen-Cru, die so streng selektiert wurde, dass der Wein an Macht oder Punktzahlen kaum zu überbieten ist und bei Sammlern ob seiner Limitierung zu den begehrtesten Objekten gehört. Ähnlich überragend ist der M. Chapoutier „Le Méal“, der ebenso von bis zu 100 Jahre alten Syrah-Rebstöcken in der Einzellage Le Méal stammt. Mit einem eleganten Eichenfass-Ausbau und dem faszinierend tiefen Gerüst erzielt er ebenso astronomische Preise.